Klaus Ammann
Die Allgemeinheit bezahle für günstige Lebensmittel indirekt sehr viel. Insgesamt eigentlich viermal, meint Frank Eyhorn, Berater für nachhaltige Landwirtschaft bei der Entwicklungsorganisation Helvetas.
Einmal an der Kasse des Supermarkts. Ein zweites Mal über die Subvention an die Landwirtschaft: «Wir zahlen zusätzlich die Schäden der intensiven Landwirtschaft, wie beispielsweise beim Trinkwasser die Antibiotikaresistenz wieder zu beheben.» Ein viertes Mal zahle man für zunehmend hohe Gesundheitskosten im Zusammenhang mit Ernährung.
Eyhorn hat eine Studie zum Thema mitverfasst, die in der renommierten Fachzeitschrift «Nature Sustainability» erschienen ist. Die aktuelle Landwirtschaftspolitik sei nicht nur zu teuer, sie habe auch negative Auswirkungen auf Umwelt, Gesundheit und Gesellschaft.
Stichwort Armut unter Bauern weltweit: «Auch in der Schweiz hat die bäuerliche Bevölkerung ein eher tiefes Einkommen und die Lebensmittelproduktion und -verarbeitung werden schlecht entlohnt», so Eyhorn.
«Ideologisch geführter Streit»
Da die konventionelle Landwirtschaft, die möglichst grosse Mengen ernten will, dort die biologische Landwirtschaft, die in erster Linie auf Umweltverträglichkeit achtet. «Dieser sehr ideologisch geführte Streit auf beiden Seiten lähmt das Vorwärtskommen.»
Konkret fordert er Massnahmen in drei Bereichen: Nachhaltige Landwirtschaft, ob mit oder ohne Bio-Label, sollte gezielt gefördert werden. Nicht nachhaltige Produktionsmittel und -formen sollen ihre externen Kosten bezahlen müssen und so für Bauern unattraktiver werden. Zudem müssten klar schädliche Praktiken, gewisse Pestizide zum Beispiel, konsequent verboten werden.
Die Schweiz gehe zwar in die richtige Richtung diesbezüglich, meint Eyhorn, aber zu wenig schnell. Angesprochen ist hier der Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft, Bernard Lehmann. Dieser erklärt: «Manchmal ist es wichtig, kleinere Schritte mehrmals zu machen anstatt einen Grossen.»
Fokus auf konventionelle Methoden
Der Bund habe die Bauern in den letzten Jahren bereits stark herausgefordert, indem er neu definiert habe, welche Leistungen wie unterstützt werden. Dabei sei nachhaltige Landwirtschaft profitabler geworden.
Bald folgen weitere Schritte, betont Lehmann: «Mit der künftigen Agrarpolitik möchte man den Biolandbau weiterhin fördern.» Das Gewicht werde aber auf eine Verbesserung der konventionellen Produktionsmethoden gelegt. «Da werden die Landwirte eine Möglichkeit haben auszuwählen, wie viele Schritte sie machen wollen.» Der letzte Schritt sei dann der Biolandbau.
Eyhorn kritisiert auch, dass die Schweiz in der Entwicklungszusammenarbeit viel nachhaltiger sei als zuhause. Lehmann streitet dies nicht ab, erklärt aber: «In den Orten, wo die schweizerische Zusammenarbeit operiert, hat man bisher wenige Hilfsstoffe eingesetzt. Dort wurden Anstrengungen gemacht, welche sehr nahe beim ökologischen Landbau sind.» Bei uns müsse man wegkommen von der hohen Einsatzmenge an Hilfsstoffen. «Dieser Weg ist schmerzhaft.»
Schmerzhaft, weil die Erträge eher geringer ausfallen und neue Pflanzensorten gefragt sind. Einig sind sich die beiden in einem Punkt: Wenn alle Kosten der Landwirtschaft, auch Umweltschäden und soziale Konsequenzen, sichtbar werden und einen Preis erhalten, wird die Landwirtschaft nicht nur nachhaltiger, sondern auch günstiger.
Quelle: srf.ch